Der Mythos der grünen Fernwärme in der Schweiz

In vielen Schweizer Städten wie Luzern, Basel und Zürich spielt Fernwärme eine zentrale Rolle in den Bemühungen, die Städte CO2-neutral zu gestalten. Doch wie nachhaltig ist Fernwärme wirklich? Diese Frage wird oft vermieden oder verschleiert, um Fernwärme grüner erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich ist. Die beiden wichtigsten grünen Wärmequellen, laut dem Bundesamt für Energie und dem Verband Thermische Netze Schweiz, sind die Abwärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen und die Verbrennung von Holz.

Die Statistiken des Bundesamts für Energie, die die knapp 60 grössten Heiz- und Heizkraftwerke berücksichtigen, zeigen für das Jahr 2022, dass etwa 30% der Wärmeenergie aus Kehrichtverbrennungsanlagen stammten. Weitere 12% kamen aus Holzverbrennung und 6% aus der Abwärme von Kernkraftwerken. Ganze 52% wurden aus nicht erneuerbaren Quellen wie Erdgas oder Heizöl gewonnen – das Bundesamt weist diese Zahl wohl bewusst nicht aus, man muss sie selbst aus verschiedenen Tabellen des Bundesamts berechnen. Die Zahlen des Verbands Thermische Netze Schweiz für das Jahr 2021 umfassen etwa 1.130 bestehende Wärmeverbünde. Dadurch sinkt der Anteil von Erdgas und Heizöl auf 27,5%. Im Gegenzug steigen der Holzanteil auf 26,1% und der Anteil der Kehrichtverbrennung auf 36,2%. Andere erneuerbare Quellen machen 6,8% aus, während Kernenergie 3,6% beisteuert. Bei der ERZ-Fernwärme in Zürich kommen 53% der Wärme von der KVA. Holz macht deren 16% aus und die fossilen Energien tragen 31% zur Wärmeerzeugung bei.

Doch wie “grün” sind die Abwärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen und die Holzverbrennung wirklich?

Die Abwärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen wird vom Bundesamt für Energie als erneuerbar und somit als umweltfreundlich und CO2-neutral eingestuft. Dies steht im Kontrast zur allgemeinen Erkenntnis, dass Kehrichtverbrennungsanlagen keineswegs umweltfreundlich sind und keinesfalls als CO2-neutral gelten können. Es mag zwar stimmen, dass die Abwärme als Nebenprodukt bei der Kehrichtverbrennung anfällt, doch bedeutet das nicht zwangsläufig, dass diese Wärmequelle erneuerbar ist.

Die Nutzung von Holz als Wärmequelle wird ebenfalls als umweltfreundlich dargestellt. Dabei wird jedoch gerne verschwiegen, dass bei der Holzverbrennung pro KWh deutlich mehr CO2 freigesetzt wird, als es bei der Verwendung von Heizöl der Fall wäre. Die Annahme, dass Holzverbrennung CO2-neutral ist, erweist sich als unzutreffend. Ein Baum benötigt Jahrzehnte, um das bei der Verbrennung freigesetzte CO2 zu binden. «Die Verbrennung von Holz ist keinesfalls CO2-neutral, auch wenn es im Baumarkt-Prospekt anders steht», erklärt Jörg Kachelmann.

Zusammenfassung:

Fernwärme mag auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, doch Verbraucher sind oft unzureichend darüber informiert, aus welchen Energiequellen die Wärme tatsächlich gewonnen wird. Die Tatsache, dass fossile Brennstoffe immer noch einen erheblichen Anteil an der Fernwärmeversorgung haben, ist vielen nicht bewusst. Geschweige denn ist den Kunden bewusst, dass die erneuerbaren Anteile der Fernwärme zu grossen Teilen eher grau sind…

Quellen:

https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/schweiz/staatliches-greenwashing-so-dreckig-ist-fernwaerme-wirklich-ld.1708645

https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/versorgung/statistik-und-geodaten/energiestatistiken/gesamtenergiestatistik.exturl.html/aHR0cHM6Ly9wdWJkYi5iZmUuYWRtaW4uY2gvZGUvcHVibGljYX/Rpb24vZG93bmxvYWQvMTE0NTQ=.html

https://www.thermische-netze.ch/fileadmin/user_upload/020_TNS_Jahresbericht_2022_d.pdf

https://www.nebelspalter.ch/der-schwindel-mit-der-holzverbrennung-teil-1

https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20164042


Für eine nachhaltige, effiziente und realistische Energie- und Umweltpolitik

Markt für Treibhausgase: Emissionshandel, CO2-Rückgewinnung und CO2-Speicherung

Ökonomen sind sich einig, dass die Bepreisung von CO2 der effizienteste Weg zu Erreichung des Klimaziels – Netto null 2050. Dies lässt sich auf zwei Arten erreichen: Emissionshandel oder CO2-Steuer. Aus liberaler und ökonomischer Sicht ist der Emissionshandel der CO2-Steuer vorzuziehen, da dieser die zureichende Emissionsmenge direkt festschreibt. «(M)arktbasierte Instrumente staatlicher Ordnungspolitik können besser als Ge- und Verbote oder Subventionen tatsächlich CO2-Emissionen reduzieren und sind zudem kostengünstiger. Allerdings ist die wirksame und kostengünstige CO2-Reduktion eine globale Herausforderung, die ein möglichst internationales Vorgehen erfordert.» –Centrum für Europäische Politik. Ein umfassender Emissionshandel führt nicht nur zu einer effizienten Erreichung der Klimaziele, sondern im Gegensatz zum vorliegenden CO2-Gesetz auch zu einer Gleichbehandlung der Technologien und verschiedener Wirtschaftsbranchen. Zudem sollen Akteure, welche CO2 rückgewinnen oder speichern Zertifikate emittieren können. Um eine Sozialverträglichkeit des Emissionshandelssystem zu gewährleisten, kann der Staat eine Art Grundbedarf «kostenlos» an die Bürger verteilen. 

Fahrplan für eine CO2-Bepreisung in der Schweiz und Europa

  • So schnell wie möglich sollte die Schweiz ihr Emissonshandelssystem vollständig in das europäische Emissonshandelssystem EU-ETS integrieren.
  • Kurzfristig (bis 2025) sollte die Schweiz sofort mit den Vorbereitungen für die Einführung eines nationalen geschlossenen Emissionshandels für den Verkehrs- und Gebäudesektor beginnen. Übergangslösung sind eine CO2-Steuer oder ein befristeter „Fixpreis-Emissionshandel“.
  • Kurz- bis mittelfristig (2025 bis 2030) sollte die Schweiz zumindest als Übergangslösung eine zwischenstaatliche Abstimmung seiner CO2-Bepreisung für den Verkehrs- und Gebäudesektor mit möglichst vielen anderen europäischen Staaten anstreben („Koalition der Willigen“).
  • Mittelfristig (spätestens 2030) sollte europaweiter Emissionshandel für den Verkehrs- und Gebäudesektor geschaffen werden, um die CO2-Reduktionsziele in den Nicht-EU-ETS-Sektoren effektiv und effizient zu erreichen.
  • Langfristig (ab 2030) sollte es das Ziel ein, ein europaweites offenes Emissionshandelssystem zu schaffen, das alle Wirtschaftssektoren umfasst und auch Staaten ausserhalb von Europa sollen in das System aufgenommen werden.

Siehe cepStudie «Wirksame CO2-Bepreisung – Jetzt die Weichen richtig stellen!»

Klimafreundliche Mobilität: Emissionshandel und Mobility-Pricing

Die letzten 10 Jahre haben gezeigt, dass mit Erhöhungen der Mineralölsteuer sowie mehreren Senkungen des neu eingeführten CO2-Grenzwertes für Neuwagen keine grosse Reduktion des CO2-Ausstosses im Bereich der Mobilität erreicht werden kann. Es ist leider davon auszugehen, dass die Erhöhung der Mineralölsteuer wie sie das CO2-Gesetz vorsieht ebenfalls fast wirkungslos sein wird bzgl. CO2-Ausstoss. Es ist deshalb Zeit für einen radikalen Kurswechsel. Die Mineralölsteuer sollte im Einklang mit dem von uns vorgeschlagenen «Fahrplan für eine CO2-Bepreisung in der Schweiz und Europa» durch ein Emissionshandelssystem zur Internalisierung der externen Kosten sowie ein Mobility-Pricing-System zur Finanzierung der Mobilitätsinfrastruktur ersetzt werden. Durch die Einführung eines Emissionshandelssystems werden die CO2-Grenzwerte für Neuwagen ebenfalls überflüssig und sollten abgeschafft werden. Des Weiteren sollen bei der Motorfahrzeugsteuer weiterhin umweltfreundliche Antriebe mit einem Steuerabzug gefördert werden.

CO2-neutrale Stromproduktion: Wasserkraft, Erneuerbare und Kernkraft

Energie in Form des elektrischen Stroms, ist für uns besonders vorteilhaft. Elektrizität lässt sich hervorragend übertragen, umwandeln und somit vielseitig einsetzen. Besonders für unsere heutige Gesellschaft ist eine stabile und leistungsfähige Stromversorgung essenziell. Würde das Stromnetz grossräumig für längere Zeit ausfallen, wären die Folgen katastrophal. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz schätzt einen Blackout (Strommangellage) als das grösste Risiko für die Schweiz ein. Mit zunehmender Elektrifizierung im Rahmen der Bestrebungen (Mobilität, Heizung, Transport) auf CO2 arme Energieträger umzustellen, ist ein Ausbau der Stromversorgung unumgänglich. Konkrete Beispiel sind der hochskalierte Betrieb von Wärmepumpen für die Heizung, das Laden der Batterien von E-Autos oder Produktion synthetischer Treibstoffe. Es muss also sichergestellt sein, dass zuverlässig und stabil jederzeit hohe elektrische Leistung zur Verfügung steht. Und an diesem Punkt kommt praktisch unumgänglich die Kernenergie ins Spiel, wenn man sich nicht in eine ungesunde Abhängigkeit von Importstrom begeben will. Die Kernenergie erweist sich schon heute als perfekte Ergänzung zur Schweizer Wasserkraft indem sie konstant gigantische elektrische Leistungen liefert. Diese Rolle wird mit der Zunahme erneuerbaren Energien, welche relative unbeständig Strom liefern, und den zunehmenden Schwankungen beim Wasserhaushalt der Schweiz, welche sich auch auf die Wasserkraft auswirken wird, in der Zukunft noch zunehmen. Neben dem Bau neuer Kernkraftwerke, welche im Übrigen auch vom Weltklimarat IPCC gefordert werden, fordern wir zudem dass die bürokratischen Hürden für den Bau von Wasserkraftwerken sowie den Bau und die Installation von erneuerbaren Energien wie Solarenergie oder Windkraft massiv abgebaut haben.

Landwirtschaft: Anreize, Agrarpolitik 2022+ und Anreize für CO2-neutrale Technologie

Es ist sinnvoll, staatliche Gelder für die Landwirtschaft an Bedingungen zu knüpfen und wegzukommen vom Giesskannenprinzip. Es soll weiterhin jedem Bauern offen stehen, eine Landwirtschaft zu praktizieren, wie er es für richtig hält. Nur soll er, wenn sie umweltschädlich ist, weniger staatliche Gelder dafür bekommen. Das Ziel einer liberalen Umweltpolitik muss es auch sein, staatliche Gelder mit Ökologie zu verknüpfen. Die Agrarpolitik 2022+ muss staatliche Gelder mit Umweltzielen verknüpfen. Wenn wir die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten wollen, müssen wir aufhören, mit Steuergeldern negative Effekte, die schädlich für die Umwelt sind, zu finanzieren. Es kann nicht sein, dass ganze Bereiche der Wirtschaft nur überleben, da sie für die Verunreinigung unserer Lebensgrundlagen Geld bekommen. Die Landwirtschaft muss mehr nach der Nachfrage ausgerichtet werden. Strukturschwache Bereiche, die ohne Subventionen nicht überleben könnten, sollen dies spüren. Subventionen müssen an Gegenleistungen verknüpft werden. Ebenfalls unterstütze ich steuerliche Anreize, welche CO2-neutrale Technologien in der Landwirtschaft fördern.

Flugverkehr: CORSIA und Einbindung in den europäischen Emissionshandel

Während der Flugticketabgabe juristisch gesehen die notwendige verfassungsrechtliche Grundlage fehlt, ist sie auch in praktischer Hinsicht untauglich. In den meisten Ländern konnte kein Effekt nachgewiesen werden, gewisse Länder haben die Flugticketabgabe deshalb auch wieder abgeschafft. In der kleinräumigen Schweiz wäre zudem eine Verlagerung von Flugverkehr auf die grenznahen Flughäfen der Nachbarländer oder im Fall des binationalen Euroairports Basel gar innerhalb des selben Flughafens (!) in den französischen Sektor.

Die Fortführung und der Ausbau des mit dem CORSIA-Emissionsreduktionssystem bereits eingeschlagenen internationalen Ansatzes muss angestrebt werden. Unter anderem sieht das ambitionierte Abkommen vor, dass die Luftfahrt-Emissionen ab 2020 nicht mehr wachsen dürfen. Weiter fordere ich die steuerliche Gleichbehandlung von Kerosin und anderen Treibstoffen bzw. Antriebstechnologien, was eine Änderung des Chicagoer Luftfahrtabkommens bedingt, welches aktuell die Kerosinbesteuerung verbietet. Und schliesslich mache ich mich stark für eine vollständige Einbindung des Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel. Des Weiteren sollen steuerliche Anreize für die Beimischung synthetischem und biogenem Kerosin geschaffen werden.

Gebäudetechnik: Integration in den Emissionshandel, steuerliche Anreize und keine Technologieverbote

Eine Lösung die für alle passt? Weit gefehlt! Bereits heute werden in Neubauten und bei energetischen Sanierungen auf erneuerbare Lösungen gesetzt. Dieser Fortschritt ist begrüssenswert. Dennoch gibt es Gebäude und Situationen, in welcher ein bewährter Energieträger wie Öl oder Gas sinnvoll und sogar effizienter ist. Der Trend ist gesetzt und jetzt mit übertriebenen Massnahmen unter anderem den finanziell Schwächsten noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen ist asozial. Nicht jede Mieterin und jeder Mieter können sich eine Wohnung in einem Neubau oder sanierten Altbau leisten. Das Argument mit der Rückverteilung via Krankenkassenprämie hinkt stark – so bezahlen genau diese Menschen überproportional viel ein. Richtig pervers wird es dann, wenn mit diesen Geldern noch die energetische Sanierung von Einfamilienhäuser an guter Lage stark subventioniert werden. Die CO2-Abgaben werden an die Mieterinnen und Mieter direkt über die Nebenkosten weitergegeben und die Hauseigentümerschaft hat somit keinen Anreiz, die Heizung vor Ablauf der Lebensdauer zu ersetzen. Auch Menschen in Einfamilienhäuser haben nicht immer die Mittel, um eine energetische Sanierung zu finanzieren und in einigen Häusern ist dies aufgrund der Gegebenheiten schlichtweg unmöglich. Ein fairer Emissionshandel und steuerliche Anreize für energetische Sanierungen führen zum Ziel. Die Richtung stimmt bereits heute und selbst die Öl- und Gasversorger arbeiten an nachhaltigen Lösungen. In einem ersten Schritt sind das Biogas sowie Bioheizöl und in einem zweiten Schritt werden es synthetisch hergestellte Produkte sein.

CO2-Reduktion Inland vs Ausland: Kein Inlandziel, Entwicklungszusammenarbeit nutzen

Ein Inlandziel für die Reduktion der CO2-Emissionen, wie es das neue CO2-Gesetz vorsieht, ist teuer, ineffizient und kurzsichtig. Mit dem gleichen Franken könnte ausserhalb der Schweiz eine x-fache Reduktion an Emissionen erreicht werden. Ein Inlandziel ist deshalb aus ökonomischen wie aus ökologischen Gründen abzulehnen. Die Emissionen sollen dort eingespart werden, wo das Kosten-Nutzen-Verhältnis am besten ist. Dafür sorgt ein nationen-übergreifender Emissionshandel wie der EU-ETS. Zusätzlich schlagen wir vor, dass die Schweiz ihre Entwicklungszusammenarbeit vermehrt nach umwelt- und klimapolitischen Aspekten ausrichtet. So könnte die Schweiz zum Beispiel Entwicklungsländer mit Geld zum Kohle-Ausstieg motivieren. Denn «(m)itte 2019 waren rings um die Welt (insbesondere in Entwicklungsländern) Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von etwa 236 Gigawatt im Bau.» (Bill Gates, 2021).

Finanzplatz: Reduzierung der globalen Emissionen mit einem internationalen Treibhausgas-Bilanzierungsstandard

Investitionen von Banken und anderen Finanzmarkt-Akteuren haben einen grossen Einfluss auf den Ausstoss von Treibhausgasen. Aber nachhaltiges Investieren ist nach wie vor schwierig, da es an vergleichbaren internationalen Standards mangelt. Die bestehenden privaten und staatlichen Nachhaltigkeits-Reportings sind für Investoren von begrenztem Nutzen, da sie oft nicht länder- oder sektorübergreifend funktionieren, und wenig quantitative, vergleichbare Daten liefern. Wir schlagen deshalb vor, dass die Schweiz als wichtiger Finanzplatz einen internationalen Standard für Nachhaltigkeits-Reportings und Greenhouse Gas (GHG) accounting anstrebt. Mögliche Ansätze liefert die IFRS Foundation, also die Organisation hinter den internationalen Finanzbuchhaltungsstandards, oder das foraus Paper von Fabio Keller, welches konkrete Vorschläge macht, wie sich die Schweiz engagieren könnte.
Siehe Foraus Papier Counting Emissions along with Dollars. Reducing global emissions with an international GHG accounting standard und IFRS Foundation Trustees announce working group to accelerate convergence in global sustainability reporting standards focused on enterprise value


Die Finanzmarktregulierung ist gescheitert

Die Credit Suisse-Krise hat uns einmal mehr bewusst gemacht, dass das Bankenwesen inhärent
instabil ist. Seit Jahrzehnten bekämpft man diese Instabilität mit neuer Regulierung und scheitert Mal
für Mal.

Die moderne Finanzmarktregulierung fusst in den meisten westlichen Staaten auf den Erfahrungen
der 1930er Jahre. Das erste Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen wurde 1934 erlassen. Bis
zur Gründung des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht 1974 – gegründet als Reaktion auf den
Konkurs der deutschen Herstatt-Bank – war die Regulierung der Finanzmärkte eine rein nationale
Angelegenheit. Seit nun fast 50 Jahren versucht der Basler Ausschuss mit neuen Regulierungen der
Instabilität des Bankenwesens her zu werden. 1975 wurde der erste Report erlassen. 1988 wurde mit
Basel I das erste umfassende internationale Regelwerk implementiert. Basel II folgte 2004 und Basel
III 2010. Allein in den Jahren 2005, 2006 und 2010 wurden vom Basler Ausschuss jeweils 500 Seiten
und mehr veröffentlicht. Heute besteht allein das Basler Regelwerk aus Tausenden von Seiten. Doch
diese Regeln haben unser Finanzsystem nicht sicherer gemacht. Bankkrisen gehörten in den letzten
40 Jahren schon fast zum Alltag. Allein in der Schweiz mussten in den letzten 30 Jahren drei
Grossbanken vor dem Untergang gerettet werden: 1993 wurde die Schweizerische Volksbank von der
heutigen Credit Suisse durch eine Übernahme gerettet, 2008 die UBS vom Staat und nun die Credit
Suisse. Spätestens heute muss man festhalten: Die staatliche Regulierung des Finanzmarktes ist
grandios gescheitert.


Höhere Risiken und tiefere Eigenkapitalquoten
Wie die Zahlen der Schweizerischen Nationalbank zeigen, sind die Eigenkapitalquoten der Schweizer
Banken im Laufe des 20. Jahrhunderts deutlich zurückgegangen. «Ende des 19. Jahrhunderts wiesen
die beiden damaligen Grossbanken Schweizerische Kreditanstalt und Schweizerischer Bankverein
Eigenkapitalquoten von über 30 Prozent aus» (Amrein, 2016). Nach dem Zweiten Weltkrieg lag
dieser Wert noch bei rund zehn Prozent und bis zum Ende des 20. Jahrhunderts halbierte sich dieser
Wert noch einmal auf vier bis fünf Prozent– zeitweise erreichten die Schweizer Grossbanken eine
Eigenkapitalquote von gerade mal drei Prozent. «Berücksichtigt man die in früheren Jahren noch
höheren stillen Reserven, war dieser Rückgang sogar noch stärker.» (Amrein, 2016). Dasselbe Bild
zeigt sich, wenn man die risikogewichteten Aktiven – ein Ansatz, welcher mit Basel I eingeführt
wurde – betrachtet: «Das Eigenkapital hat auch im Verhältnis zu den Risiken markant abgenommen.»
(Amrein, 2016).


Mehr Eigenkapital, weniger Regulierung
Es liegt der Schluss nahe, dass der Abbau der stillen Reserven und der Rückgang des gewichteten
Eigenkapitals stark mit der Entwicklung der Regulierung wie Basel I zusammenhängt und deren
Rückgang auf das heutige Niveau erst ermöglichte. Die umfassenden Regulierungen und das daraus
abgeleitete Risikocontrolling wogen Banken sowie die Bankenaufsicht und Nationalbanken in
Sicherheit. Spätestens 2008 wurde dies aber als Illusion entlarvt. Die Finanzgeschichte der letzten
200 Jahre zeigt eindrücklich, dass es einen hohen Zusammenhang zwischen der Höhe der
Eigenkapitalquote der Banken und der Anzahl Bankkrisen gibt. Mehr Eigenkapital für Banken
bedeutet daher auch weniger Bankenkrisen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele Ökonomen
und Wirtschaftshistoriker höhere Eigenkapitalquoten fordern. Mindestens 20 Prozent scheinen mir
aus historischer sowie ökonomischer Perspektive gesehen, der richtige Ansatz zu sein. Im Gegenzug sollte man die nutzlosen Regulierungen der letzten 50 Jahre abschaffen, um die
Wettbewerbsfähigkeit unserer Banken zu erhalten. Idealerweise würde man sogar gänzlich auf
weitere Regulierungen verzichten.

Erschienen in den Schaffhauser Nachrichten am 30. März 2023.


Wenn es nicht um die Sache geht

In der Politik ist man sich viel gewohnt – Angriffe unter der Gürtellinie und Fakenews gehören nicht erst seit Donald Trump zum politischen Alltag. Nur allzu oft sind Journalisten in solche Angriffe verwickelt. So auch in diesem Fall. Am 29.10.2021 schrieb Niklaus Scherr – seines Zeichens Alt-Gemeinderat der Alternativen Liste – in der linken P.S. Zeitung einen Artikel über die Abstimmung Zürcher Energiegesetz. Dabei nannte er mich einen Fake-Mieter, weil ich angeblich noch in Wettswil im Elternhaus wohne. Er bezog sich dabei auf einen Eintrag von Telsearch. Dabei weiss so ziemlich jeder, dass die Einträge von Telsearch etwa so aktuell sind wie ein zehnjähriges Telefonbuch. Meinen richtigen Wohnort hätte Herr Scherr zudem ganz einfach auf meiner Webseite gefunden. Der journalistische Anstand würde zudem gebühren, dass man bei einer solch heftigen Anschuldigung die beschuldigte Person kontaktiert. Doch auch das hat Herr Scherr unterlassen. Dass Niklaus Scherr in seinem Artikel in zwei Absätzen nur auf meine Person zielt, kein einziges inhaltliches Argument zum Energiegesetz bringt und völlig sachfremde Informationen verwendet, um mich zu verleumden, muss ich wohl oder übel akzeptieren. In jedem Fall dachte ich, dass die Sache mit einem Korrigendum erledigt wäre, welches ich bei der Verlegerin SP-Nationalrätin Min Li Marti verlangte. Doch weitgefehlt – nun ging die Sache von vorne los. Wenige Stunden danach rief mich PS-Redaktor und SP-Gemeinderat in Olten Simon Muster wegen dem Korrigendum an. Anhand der Angaben auf meiner Webseite hatte Herr Muster herausgefunden, dass ich in der privaten Baugenossenschaft Letten wohne. Anstatt nun ein einfaches Korrigendum zu verfassen, schrieb Herr Muster einen neuen Artikel über mich, indem es mit keinem Wort, um die journalistischen Verfehlungen seiner Zeitung ging, sondern um meinen Wohnort, die Frage ob ich selbst von höheren Mieten betroffen sein könnte und wieviel ich womöglich verdienen würde – ich kann Herrn Muster im Übrigen beruhigen, ich habe bis heute noch nie mehr als 60‘000 Franken verdient. Das Korrigendum hat Herr Muster bei der Erstveröffentlichung auf der Webseite dieser Zeitung zudem vergessen. Und vom journalistischen Anstand scheint leider auch er nichts mitbekommen zuhaben. Seriöse Journalisten lassen Zitate aus Gesprächen gegenlesen und freigeben. Weder das eine noch das andere hat Herr Muster getan. Da muss man sich schon fragen, ob es den Journalisten der P.S. Zeitung wirklich um Journalismus und die Sache geht oder wohl eher um Politik mit anderen, unschönen Mitteln.

P.S. Wenn die Weltwoche oder der Tagesanzeiger mit linken Akteuren nur annähernd das Gleiche abziehen, ist der Aufschrei im linken Lager gigantisch. Aber wenn es um einen bürgerlichen Politiker und Mitarbeiter aus der Mineralölbranche geht, dann ist das alles legitim. Wie sagte George Orwell so schön: „Alle sind gleich, aber manche sind gleicher.“


Denkfehler Elektroauto – Warum der Verbrenner eine Zukunft hat

Publiziert auf publikum.net


Auf den ersten Blick scheint die Frage, welcher Antrieb sich bei PKWs und LKWs durchsetzen wird einfach. Der Elektromotor ist der effizienteste Motor der Welt[1]. Für sich allein betrachtet ist ein Elektrofahrzeug, egal ob mit Batterie oder Brennstoffzelle – auch bekannt als Wasserstoffauto, jedem Auto mit Verbrennungsmotor in Sachen Effizienz meilenweit überlegen. Doch wenn wir eine ganzheitliche Perspektive einnehmen, wird die Sache viel weniger klar.

Die gleiche Frage wie vor über 100 Jahren

Auch vor über hundert Jahren sah es zuerst so aus, als würden sich Fahrzeuge mit Elektromotor durchsetzen. Doch Benzin und Diesel waren zu diesem Zeitpunkt extrem billig und in Sachen Reichweite und Flexibilität konnte das Elektroauto mit dem Verbrenner einfach nicht mithalten. Unter diesen Voraussetzungen hatte das Elektroauto trotz viel höherer Effizienz schlicht keine Chance[2]. Nun scheint die Stunde des Elektroautos doch noch gekommen zu sein. Fossile Brennstoffe sind wegen ihres CO2-Ausstosses unter Druck und werden durch Steuern verteuert[3]. Gleichzeitig werden Fahrzeuge mit Elektromotor immer günstiger. Doch bei der ganzen Euphorie um den Elektromotor gehen einige wichtige Aspekte unter.

Batterien und Brennstoffzellen brauchen viele Ressourcen

Die Herstellung von Batterien und Brennstoffzellen ist energieintensiv und braucht viele seltene Ressourcen, welche auf dieser Welt nur an wenigen Orten zu finden sind und oft unter unmenschlichen Bedingungen abgebaut werden[4]. Gleiches gilt für das Recycling der Batterien und Brennstoffzellen. Dies führt dazu, dass ein Elektroauto, egal ob mit Batterie oder Brennstoffzelle, erstmal eine schlechtere Umwelt- und Ressourcenbilanz als ein Verbrenner hat, wenn die Kilometerzähler beider Wagen noch auf 0 stehen. Durch die tieferen flexiblen Umweltkosten werden Elektroautos mit zunehmender Nutzungsdauer umweltfreundlicher als Autos mit Verbrennungsmotor, sofern der Strom zur Nutzung des Elektroautos umweltfreundlich hergestellt wird. Über den genauen Zeitpunkt – nach wie vielen Kilometern ein Elektroauto umweltfreundlicher ist als ein Verbrenner – herrscht in der Wissenschaft Uneinigkeit[5]. Dies ist aber eigentlich nicht so wichtig, denn unter der Voraussetzung, dass der Strom umweltfreundlich hergestellt wurde, kann ein Elektroauto nach dem heutigen Stand der Technik über seine ganze Lebensdauer gesehen umweltfreundlicher betrieben werden als ein Auto mit Verbrennungsmotor. Ob dies in Zukunft auch so sein wird, ist jedoch fraglich – dazu später mehr. Zudem verfügen wir heute über viel zu wenig umweltfreundlichen Strom um Millionen von Autos mit Strom oder Wasserstoff zu betreiben.

Produktion von Strom und Wasserstoff für Elektroautos nicht unabhängig von dessen Nutzung

Bei der Produktion von Strom für das batteriebetriebene Elektrofahrzeug bestehen zudem weitere Nachteile. Zum einen muss der Strom dann produziert werden, wenn der Autofahrer die Batterie seines Fahrzeuges aufladen möchte. Die Zwischenspeicherung von Strom ist zwar denkbar, jedoch sehr teuer, ineffizient und gerade in grossem Stil kaum machbar[6]. Zum anderen muss der Strom im Vergleich zu Treibstoffen in der näheren Umgebung produziert werden. Die Produktion und Nutzung des Stroms durch das batteriebetriebene Fahrzeug können weder zeitlich noch örtlich komplett getrennt werden. Werden nun Millionen von Fahrzeugen mit batteriebetrieben Elektroautos betrieben, führt dies nicht nur zu einem unweit grösseren Bedarf nach Strom, sondern auch dazu, dass die Stromnetze und Kraftwerke insbesondere in den Ballungszentren viel stärker belastet werden und höhere Spitzen leisten müssen. Beim Elektrofahrzeug mit Brennstoffzelle bestehen diese Probleme ebenfalls, wenn auch in abgeschwächter Form. Andererseits muss beachtet werden, dass der Umweg via Wasserstoff und Brennstoffzelle im Endeffekt mehr Strom braucht als der Betrieb via Elektrobatterie. Die Produktion des Wasserstoffes für die Brennstoffzelle mit Hilfe von Strom kann jedoch zeitlich etwas besser von der Nutzung entkoppelt werden als beim batteriebetriebenen Fahrzeug. Die Lagerung und der Transport von Wasserstoff sind jedoch relativ ineffizient und teuer. Ein weiter Transport und eine längere Lagerung wie bei herkömmlichen Treibstoffen wie Benzin oder Diesel ist daher nicht wirklich sinnvoll.

Die Importeure von Erdölprodukten betreiben in der Schweiz Pflichtlager (Carbura), welche den Schweizer Bedarf an Erdölprodukten wie Benzin und Diesel für mindestens viereinhalb Monate sicherstellen[7]. Eine solche Lagerkapazität und Versorgungssicherheit sind weder beim Strom für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge noch beim Wasserstoff für Fahrzeuge mit Brennstoffzellen denkbar.

Hohe Umstellungskosten für die Infrastruktur

Die ganze Weltwirtschaft hängt heute von der Nutzung von Erdöl ab und unsere ganzen Produktionsprozesse und Lieferketten sind auf die Nutzung von Erdöl u.a. als Treibstoff oder zum Betrieb von Maschinen abgestimmt. Deshalb gilt der Erdölpreis auch als guter Indikator für die Lage der Weltwirtschaft. Eine Abkehr der individuellen Mobilität und des Schwerverkehrs von herkömmlichen Treibstoffen hin zu batteriebetrieben Fahrzeugen oder Fahrzeugen mit Brennstoffzellen hätte daher gewaltige Konsequenzen über die Mobilität hinaus auf die ganze Wirtschaft. Da auch die ganze Infrastruktur auf die Nutzung von fossilen Treibstoffen und weiteren Erdölprodukten aufgebaut ist, müssten nicht nur Produktionsprozesse und Lieferketten neu ausgerichtet werden, sondern auch die ganze Infrastruktur von Grund auf umgebaut werden. Ein solcher Umbau wäre mit gigantischen Kosten verbunden. Allein um die öffentlichen Parkplätze der Stadt Zürich flächendeckend mit gewöhnlichen Ladestationen für Elektroautos auszurüsten, müsste man grob geschätzt über 250 Mio. Franken investieren[8]. Eine flächendeckende Versorgung mit Schnellladestationen[9] würde nur schon bei der Stadt Zürich in die Milliarden gehen. Auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur zu Hause, unterwegs und insbesondere an den Transitachsen sowie der Bau von Wasserstofftankstellen und der lokalen Produktion von Wasserstoff würde gigantische Investitionen bedürfen. Dass zudem die Stromproduktion und die Stromnetze massiv um- und ausgebaut werden müsste, ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Von solchen Investitionen in die Infrastruktur, welche Elektro- und Wasserstoffmobilität in grossem Stil erlauben würde, ist bisher jedoch sehr wenig zu sehen. Dabei gilt zu bedenken, dass grosse Infrastrukturprojekte nicht nur viel Kapital, sondern auch viel Zeit brauchen. Der Ausbau der Strominfrastruktur und Aufbau einer flächendeckenden Lade- und H2-Tankstelleninfrastrukutur braucht Jahrzehnte. Da wir eigentlich das Ziel verfolgen bis in 30 Jahren klimaneutral zu sein, müsste man bereits heute Milliarden in den Umbau der Infrastruktur investieren. Davon sind wir weit entfernt. Schon heute drohen im Winter imm wieder Stromlücken- und Ausfälle. Schuld daran ist die fehlerhafte Energiestrategie 2050, welche den Ausstieg aus der Kernenergie und den Ausbau der erneuerbaren Energie vorsieht[10]. Weder eine Elektrobatterie- noch eine Wasserstoffstrategie werden ohne den Bau neuer Kernkraftwerke in der Schweiz möglich sein. Ausser man baut Gaskraftwerke, welche das Klima enorm belasten. Angesicht dieser Probleme, welche sich im Bereich der Infrastruktur ergeben, stellt sich die Frage, ob es nicht eine Alternative gibt, welche einen solchen massiven Umbau der Infrastruktur und der Wirtschaft nicht benötigt.

CO2-Problem von Treibstoffen ist lösbar: E-Fuels

Abseits von der «rasanten» Entwicklung der Elektroauto-Industrie, welche in der Öffentlichkeit einen grossen Platz einnimmt, hat sich auch beim Verbrennungsmotor viel getan. Der Kraftstoffverbrauch pro Fahrzeuge hat trotz mehr Gewicht und mehr Motorenleistung in den letzten 20 Jahren abgenommen. Auch der Schadstoffausstoss der Verbrenner wurde massiv reduziert. Wie kaum einer weiss, stossen moderne Dieselfahrzeuge heute in der Regel weniger Feinstaub aus, als dem Motor via Frischluft zugeführt wird. Dieselfahrzeuge mit modernen Filtersystemen reinigen unsere Atemluft also aktiv von Feinstaub[11]. In Sachen CO2-neutralen Treibstoffen ist ebenfalls einiges im Gange. Weltweit wird an synthetischen Treibstoffen, auch E-Fuels genannt, geforscht. Eines der bekanntesten Projekte für die Forschung und Produktion von synthetischen Treibstoffen ist wohl der ETH-Spin-off Synhelion, an welchem auch der italienischen Erdölkonzern ENI beteiligt ist[12]. E-Fuels werden mit Hilfe von CO2 und Strom erzeugt. Der Nachteil ist, dass es für die gleiche Leistung wie beim Batteriefahrzeug oder Brennstoffzellenfahrzeug mehr Storm braucht. Zudem sind synthetische Treibstoffe noch zu teuer, um in grossen Stil produziert zu werden und gegen herkömmliche Treibstoffe zu bestehen[13]. Doch auch die Autobatterie, Computer und andere Erfindungen waren zu Beginn zu teuer für den Massenmarkt. Eine solche Entwicklung ist auch bei den E-Fuels zu erwarten[14]. Sollte eine erhebliche Preisreduktion gelingen, werden auch die Vorteile der E-Fuels gegenüber Batterie und Wasserstoff klar:

E-Fuels lassen sich genau wie herkömmliche Treibstoffe einfach lagern und transportieren. Dies macht es möglich, dass man E-Fuels in Zukunft in grossem industriellem Massstab für den internationalen Markt produzieren kann und damit dank Economies of Scale die Kosten nochmals massiv fallen werden. E-Fuels sollten damit der dezentralen Produktion und der relativ kurzen Lagerdauer von Wasserstoff und Strom überlegen sein und deren grössere physikalische Effizienz ökonomisch mehr als wettmachen  (Vgl. Studie von Frontier Economics, welche sogar von einer etwa gleich hohen physikalischen Effizienz spricht.). Ein kompletter Umbau der Wirtschaft und der Mobilitätssysteme wäre zudem nicht nötig. Einzig der Aufbau von grossen zentralen Produktionsanlagen für E-Fuels inklusive Stromproduktion wären von Nöten. Es wäre zum Beispiel denkbar, dass die heutigen Erdölförderländer im Mittleren Osten und die Länder der Sahara in den Wüsten grosse Photovoltaikanlagen bauen, mit dem Strom dieser Anlagen an ihren Küsten E-Fuels produzieren und diese mit Öl-Tankern in die ganze Welt verschiffen.

CO2-Problem von Treibstoffen ist lösbar: CO2-Rückgewinnung und -Speicherung

Neben den E-Fuels gibt es eine weitere Alternative, welche dem Verbrennungsmotor eine Zukunft ermöglicht und sogar eine weitere Nutzung von fossilen Treibstoffen möglich macht. Auch hier sind Schweizer Forscher an der Weltspitze. Das ETH Spin-off Climeworks hat 2017 in Hinwil ihre erste grössere CO2-Filteranlage zur Rückgewinnung von CO2 aus der Luft gebaut[15]. An der ETH Lausanne entwickelten Forscher einen CO2-Filter für Lastwagen, welcher das CO2 aus den Abgasen des Verbrennungsmotors filtert[16]. Dieses zurückgewonnene CO2 kann einerseits von der Industrie – zum Beispiel zur Produktion von E-Fuels – genutzt oder im Boden gespeichert werden. Verschiedene Tests u.a. in Deutschland zur Speicherung von CO2 im Boden erwiesen sich als sehr erfolgreich[17] und zeigten, dass unter Druck «das CO2 mit dem Gestein reagiert und sich so mineralisiert, also zu Stein wird.»[18] Sollte dies in Zukunft in grossem Stil möglich sein, wäre das Zeitalter von Erdöl und Erdgas wahrscheinlich noch lange nicht zu Ende. Der grosse Vorteil dieser Alternative wäre wohl, dass ein Umbau der Wirtschaft kaum nötig wäre.

Fazit und Ausblick

Wenn man der Politik und der Öffentlichkeit zuhört, dann ist klar: Die Zukunft gehört der Elektromobilität. Doch wie der vorliegende Beitrag aufzeigt, ist die Sache weit weniger klar, als es den Anschein macht. Wenn man die Sache genau anschaut, sprechen viele Punkte für die Weiterverwendung des Verbrennungsmotors. Insbesondere die Investitionen in die Infrastruktur und den Umbau der Wirtschaft wären dadurch bedeutend kleiner. Da die Zukunft und ihre Entwicklungen einer gewissen Unsicherheit unterliegen und die Entscheide der Politik oft unberechenbar sind, ist aus heutiger Sicht noch nicht klar, was sich am Ende wirklich durchsetzen wird. Am wahrscheinlichsten scheint eine Mischform von verschiedenen Technologien: Batterie, Wasserstoff, E-Fuels, Biotreibstoffe und herkömmliche Treibstoffe. Aus diesem Grund investieren viele Firmen insbesondere Erdölkonzerne und Autohersteller in verschiedene Technologien.


[1] https://www.industr.com/de/weltrekord-elektromotor-mit-fast-prozent-energieeffizienz-2299451

[2] https://www.e-autos.de/wissen/geschichte/

[3] https://www.handelszeitung.ch/politik/klimaschutz-parlament-erhoht-benzinpreis-um-bis-zu-12-rappen

[4] https://www.faz.net/aktuell/wissen/forschung-politik/kostbare-rohstoffe-fuer-batterien-die-e-mobilitaet-koennte-ein-teures-unterfangen-werden-15502495.html

[5] https://www.wiwo.de/technologie/mobilitaet/e-autos-wissenschaftler-kritisieren-studie-scharf/24303396.html

[6] https://www.fuw.ch/article/die-wahren-kosten-der-photovoltaik/

[7] https://www.carbura.ch/pflichtlagerhaltung

[8] Für den Kauf, Installation und Anschluss muss pro Ladesäule mit rund 4’000 bis 10’000 Franken gerechnet werden (https://em.offerten-rechner.ch/) . In der Stadt Zürich gibt es rund 70’000 öffentliche Parkplätze (davon über 33’000 Blaue Zone): https://www.stadt-zuerich.ch/ted/de/index/taz/verkehr/webartikel/webartikel_parkierung.html#:~:text=In%20der%20Stadt%20Z%C3%BCrich%20gibt,%C3%B6ffentlich%20zug%C3%A4ngliche%20Parkpl%C3%A4tze%20f%C3%BCr%20Autos

[9] Pro Schnellladestation müssen mit Kosten von über 100’000 Franken gerechnet werden. Ein Tesla Supercharger kostet rund 200’000 US-Dollar. https://www.fool.de/2017/03/27/die-kosten-fuer-die-ladestationen-sind-fuer-tesla-immer-noch-relativ-gering/

[10] https://www.tagesanzeiger.ch/mit-der-energiewende-droht-der-blackout-697615391126

[11] https://www.auto-motor-und-sport.de/tech-zukunft/dieselabgase-partikelmessungen-im-realbetrieb/

[12] https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/die-eth-zurich-macht-treibstoff-aus-luft-und-sonnenlicht

[13] https://www.avenir-suisse.ch/synthetische-treibstoffe-zum-preis-von-fr-2-40-pro-liter/

[14] https://www.avenir-suisse.ch/synthetische-treibstoffe-zum-preis-von-fr-2-40-pro-liter/

[15] https://www.nzz.ch/wissenschaft/climeworks-will-4000-tonnen-co2-pro-jahr-aus-der-luft-filtern-ld.1573219

[16] https://actu.epfl.ch/news/capturing-co2-from-trucks-and-reducing-their-emiss/

[17] https://www.nzz.ch/wissenschaft/climeworks-will-4000-tonnen-co2-pro-jahr-aus-der-luft-filtern-ld.1573219

[18] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/planet-e-co2-tresor-100.html


Lohndiskriminierung, Mobbing und Sexismus oder doch ein Sturm im Wasserglas

Sollten die Vorwürfe – Lohndiskriminierung, Mobbing und Sexismus –  von Patrizia Laeri und Fabio Canetg zutreffen, dann hat die SNB ein Problem, welches sie dringend angehen müsste. Doch schauen wir uns den Artikel mal genauer an.

Zu Beginn des Artikels schreiben die Autoren: “Über ein Dutzend Frauen berichten von Lohndiskriminierung, Mobbing und Sexismus.” Das sitzt. Ein Skandal diese SNB. Mit grosser Neugier und mit etwas Wut lese ich weiter. Thomas Jordan wird von einer anonymen Informantin als «Mr. Konservativ» bezeichnet. Ich denke mir: Recht hat sie. Als sich die Autoren dem Thema Bewerbungsgespräche widmen, werde ich ein erstes Mal stutzig. Eine Informantin sei bei ihrem Bewerbungsgespräch nach “ihrer politischen Meinung zur SNB-Anlage­politik befragt worden”. Die meisten werden nun denken: “Wie kann man nur jemand nach seiner politischen Meinung fragen, geht gar nicht!”

Als Ökonom denke ich was ganz anderes: Nah hoffentlich fragen sie die Kandidatin nach ihrer Meinung zur Anlagepolitik der SNB. Die Anlagepolitik ist eine der zentralen Tätigkeiten der Nationalbank. Es ist daher keine politische, sondern eine fachliche, berufsrelevante Frage. Jemand, der nicht hinter der Strategie und der Aufgabe der SNB stehen kann, ist wohl kaum geeignet dort zu arbeiten. Dies ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum ich nie bei der SNB arbeiten werde, obwohl es dort Jobs gibt, welche mich ungemein interessieren würden.

Zurück zum Text. Als nächstes lese ich von der Ökonomin Angela Cuomo. Sie wurde beim Jobinterview nach “ihrem aktuellen Lohn befragt. Das ist unzulässig.” Auch die anderen Geschichten zum Bewerbungsverfahren bei der SNB sprechen nicht gerade für die SNB. Die geschilderten Fälle sind (oder waren zumindest bis vor wenigen Jahren) jedoch nicht aussergewöhnlich und sprechen für eine konservative Haltung seitens der SNB. Jedoch nicht für “Lohndiskriminierung, Mobbing und Sexismus.”

Als nächstes stolpere ich über den Satz: In “«mehreren» Fällen, in denen Frauen am Arbeitsplatz unter so starken Druck gesetzt wurden, dass sie unter Tränen ihre Büros verliessen.” Zuerst denke ich: Ein Skandal diese SNB. Doch dann frage ich mich: Was ist mit “unter Druck setzen” gemeint und was hat dies mit «ganz normalen Alltagssexismus» zutun. Als Erklärung folgt der Fall von Ruth Huber bzw. die Fälle. Frau Huber erzählt von ganz vielen verschiedenen Geschichten. “Huber sagt von sich, sie sei «sexistische Sprüche eigentlich gewohnt».” und bei der SNB sei alles noch viel schlimmer. Ich schlucke zwei Mal leer und denke schon wieder: Ein Skandal diese SNB. Und ich will wissen, wie dieser Sexismus konkret aussieht.

Ich werde nicht enttäuscht. Zwei Absätze später folgt ein konkretes Beispiel: “Eine andere, ehemalige Mitarbeiterin berichtet uns von einem Vorgesetzten, der ihr während der Arbeit erklärt habe, wofür ihre Geschlechts­organe gut wären.” Und denke: Was für ein Arschloch. Doch ich denke (leider) auch: Solche Arschlöcher gibt es leider überall. Diese Sache der Firma in die Schuhe zu schieben, ist ein bisschen gar einfach. Als nächstes lese ich “Ruth Huber meldet einen Teil der Missstände irgendwann ihrem Chef.” Richtig so, denke ich. Doch welche Missstände konkret gemeint sind, bleibt mir ein Rätsel. Das genannte Beispiel betraf nicht Frau Huber.

Ich beginne den nächsten Abschnitt “Abfällige Kommentare” zu lesen und denke: Ah jetzt kommen die konkreten Missstände von Frau Ruth. Doch ich werde enttäuscht. Was ich da lese, sind zwar für Frau Huber keine erfreulichen Erfahrungen, aber mit “Mobbing und Sexismus” hat dies jedoch wenig bis nichts zu tun. Die geschilderten Fälle zeugen jedoch von einer konservativen Unternehmenskultur.

Auf die Schilderungen von Huber folgt ein Klassiker: Die SNB betreibe Lohndiskriminierung. Hier kommt erneut die Ökonomin Angela Cuomo zu Wort, welche über Jahre zu wenig verdient habe. Der Fall als auch die von anderen Frauen sind für die Betroffenen sehr ärgerlich. Es wurden offensichtlich Fehler gemacht. Ob sich dabei aber wirklich um Lohndiskriminierung handelt, bleibt anhand des Textes unklar und muss deshalb bezweifelt werden.

Als nächstes folgt der Fall Ella Jansen, eine junge Makroökonomin. Und nun wird es wirklich absurd. Die Vorwürfe sind schlicht und einfach lächerlich. Aber der Reihe nach.

Jansen hatte sich mehrfach bei der SNB beworben und die Stelle jeweils nicht bekommen. Die Autoren schreiben dazu: “Mitunter ohne überzeugende Gründe.” Soso, dies ist leider eine leidige Erfahrung, welche man auf dem Arbeitsmarkt machen muss. Ist mir auch schon passiert. In der Folge fällt Jansen “das unausgewogene Geschlechterverhältnis bei der SNB auf” und schreibt der SNB einen Brief. Eine Antwort bekommt sie nicht und bewirbt sich weiterhin bei der SNB. Was dann geschieht, ist zwar etwas ungewöhnlich, aber nicht wirklich überraschend. Anstatt zu einem richtigen Bewerbungsgespräch eingeladen und befragt zu werden, werden Frau Jansen Fragen zu ihrem Brief gestellt und sie wird ermuntert ihre Bewerbung zurückzuziehen. Was für ein Skandal aber auch. Was hat Frau Jansen erwartet? Das man ihr nach ihrem Brief, welcher die SNB kritisiert und der SNB eine frauenfeindliche Kultur vorwirft, den roten Teppich ausrollt und sie sofort einstellt?

Nach dem Fall Jansen lese ich noch, wieviel besser doch die FED und die EZB das Thema Frauenförderung anpacken. Ich denke mir: Ja man kann es sicher besser machen, als es die SNB heute macht, aber was die FED und die EZB machen, würde manche auch als Genderwahn bezeichnen.

Dass die SNB die Vorwürfe des Artikels zurückweist, verwundert natürlich nicht, insbesondere nicht, wenn man den Artikel gelesen hat. Viele Vorwürfe sind zu wenig konkret und weissen schlicht und einfach zu wenig bis gar nicht auf Lohndiskriminierung, Mobbing und Sexismus hin. Zudem werden alle Vorwürfe anonyme geäussert und können daher nicht verifiziert werden.

Der Satz “Über ein Dutzend Frauen berichten von Lohndiskriminierung, Mobbing und Sexismus.” verspricht etwas, was der Artikel nicht wirklich halten kann. Zwar werden drei Personen und ihre Fälle wirklich abgearbeitet und Vorwürfe von weiteren Informantinnen eingestreut, aber wirklich stringent und überzeugend ist das nicht. Insbesondere nicht, wenn man bedenkt, dass die drei Personen und ihre Geschichte, welche nicht wirklich überzeugen, die klarsten Fälle sein werden, ansonsten hätten die Autoren andere Fälle proträtiert.

Mich wird der Verdacht nicht los, dass hier absichtlich eine Geschichte skandalisiert wird. Ja, die SNB hat sicherlich Verbesserungspotential, was ihre Unternehmenskultur und die Attraktivität für Frauen anbelangt, aber dies ist nun wirklich keine Überraschung und auch nicht neu. Mein Verdacht hat auch mit der Autorin Patrizia Laeri zutun, welche sich seit Jahren darauf einschiesst, dass die Welt und insbesondere die Schweizer Wirtschaft ein Problem bzgl. Frauen hat und mit ihrer Kolumne #aufbruch gerne skandalisiert. Was das Ziel dieser Skandalisierung ist, wird im letzten Absatz klar: Man will die Politik dazu bewegen, sich mehr in die Angelegenheiten und Geschäftspolitik der SNB einzumischen. Das ist gefährlich. Ich habe fertig.


Die Corona-Krise offenbart Lücken im liberalen Rechtsstaat

Was wir in den letzten drei Monaten erlebt haben, hätten die meisten von uns Anfang des Jahres für unmöglich gehalten. In vielen Staaten wurden aufgrund der Corona-Krise Grundrechte systematisch ausgesetzt. Dass autoritäre Regierungen und Staaten wie China, Russland oder Ungarn mit solchen Massnahmen auf eine Bedrohung reagieren, erstaunt nicht. Doch auch im liberalen Westen folgte man in gewisser Weise dem Weg Chinas. Dies ist nicht per se falsch, denn es gibt durchaus Krisen, in denen dies notwendig sein kann. Ob die Corona-Krise eine solche ist, bleibt fraglich. Erschreckend ist jedoch, mit welcher Selbstverständlichkeit die Grundrechte von Millionen von Menschen ausser Kraft gesetzt wurden und die Gewaltentrennung zeitweise aufgehoben wurde. Selbst liberale Kräfte stellten sich hinter die Anordnungen der Regierung, ohne diese kritisch in Frage zu stellen. Dabei sind es doch die Gewaltentrennung und der liberale Verfassungsstaat, welche unsere Grundrechte garantieren.

Doch in der Krise scheinen sie Makulatur geworden zu sein. Und dabei liefern die liberale Verfassung und darauf aufbauende Gesetze auch noch die Grundlage. So auch in der Schweiz. Notrecht nach Art. 185 der Bundesverfassung und das Epidemiengesetz statten den Bundesrat mit einer unglaublichen Machfülle aus. Dies ist im Grunde genommen noch kein Problem, da es – wie gesagt – durchaus Situationen gibt, in denen dies notwendig sein kann. Was hingegen bis heute fehlt, ist eine klare Regelung, wann der Bundesrat Notrecht oder zum Beispiel eine ausserordentliche Lage nach dem Epidemiengesetz verordnen darf. Genauso fehlen in der Schweiz klare Grenzen und Kontrollen für die Massnahmen und Verordnungen, welche der Bundesrat gestützt auf Notrecht oder das Epidemiengesetz erlässt. Parlament und Bundesgericht können de facto nur tatenlos zusehen und müssen wie die Bürger darauf vertrauen, dass der Bundesrat massvoll mit diesen Kompetenzen umgeht. Inwiefern dies in der jetzigen Krise der Fall ist, darüber lässt sich natürlich streiten. Glücklicherweise zeichnet sich jedoch ab, dass der Bundesrat anders als nach dem Zweiten Weltkrieg schnell wieder den Ausstieg aus dem Sonderregime findet und das Volk dieses Mal nicht gezwungen sein wird, per Volksabstimmung den Normalzustand wiederherzustellen.

Doch auch wenn sich nun abzeichnet, dass wir schnell den Weg zurück zur rechtlichen Normalität finden, stellt sich für liberale Kräfte die Frage, wie man dem Bundesrat auch in einer aussergewöhnlichen Lage gewisse Grenzen setzt und ausreichende Kontrollmechanismen sicherstellt, welche einem liberalen Rechtsstaat würdig sind. Dank der technologischen Fortschritte, welche auch eine digitale Parlamentsdebatte ermöglichen, scheint ein möglicher Weg zu sein, dass sowohl die Anwendung von Notrecht als auch die Ausrufung einer ausserordentlichen Lage nach dem Epidemiengesetz nur in Absprache mit dem Parlament bzw. durch einen Bundesbeschluss möglich ist.

Erschienen in der Hayek Feder vom Juni 2020.


Das ungelöste Solvenzproblem und die Politik der EZB

In Deutschland ist wieder einmal eine Debatte über die Europäische Zentralbank EZB und deren Geldpolitik entbrannt. Die Debatte wird bisweilen nicht gerade unzimperlich geführt. EZB-freundliche und EZB-nahe Ökonomen nennen die Kritiker der EZB-Politik abschätzig «EZB-Basher» oder sogar Verschwörungstheoretiker. Um die ökonomischen Argumente geht es bei dieser Debatte leider kaum noch. Es geht schlichtweg um die Deutungshoheit. Dabei wäre eine inhaltliche Diskussion äusserst wichtig, denn es geht um die zentralsten Elemente unseres Wirtschaftssystems und dessen Zukunft.

Bei der Debatte um die EZB und deren Geldpolitik geht es im Kern um die Frage, weshalb die Zinsen so tief sind und welche Rolle die Zentralbanken, in diesem Fall die EZB, spielen. Dazu gibt es stand heute zwei populäre Ansichten. Die Mainstreamökonomie geht davon aus, dass der natürliche Zins durch verschiedene Einflüsse (Digitalisierung, Globalisierung, Demographie, etc.) stark gesunken ist und bisweilen sogar negativ sein soll (vgl. https://www.aeaweb.org/articles?id=10.1257/mac.20170367). Sie kommt daher zum Schluss, dass die EZB nicht für die tiefen Zinsen verantwortlich gemacht werden kann. Die zweite Position, welche insbesondere von Österreichern und (ordo-)liberalen Ökonomen vertreten wird, anerkennt zwar, dass verschiedene vom Mainstream genannte Einflüsse eine gewisse Auswirkung auf die Zinsen haben und hatten. Sie gehen jedoch davon aus, dass der Zins ohne die Geldpolitik auf einem anderen Niveau wäre und der natürliche Zins klar über der Nullgrenze liegt.

Die Finanzkrise als Solvenzkrise

Um der zentralen Frage der Debatte – weshalb die Zinsen so tief sind – auf den Grund zu gehen, müssen wir zur Finanzkrise von 2007 zurückgehen. Unabhängig davon, was die Ursachen dieser Krise waren, welche in Europa in der Folge fast nahtlos in die Eurokrise überging, stellt die Finanzkrise und die in Europa folgende Eurokrise eine Solvenzkrise dar. Viele Schuldner konnten im Verlauf der Krise ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Zuerst betraf dies in erster Linie amerikanische Hausbesitzer. Dies weitete sich dann sukzessive auf das globale Finanz- und Bankensystem aus. Nun waren auch viele Banken und Versicherungen kaum mehr in der Lage ihre Schulden zu bedienen. Es folgte ein Zusammenbruch des Kreditmarkts für Finanzinstitute – dem Interbankenmarkt. Die Zentralbanken (angeführt von der amerikanischen FED) und einige Staaten sahen sich gezwungen viele Banken und Versicherungen zu retten. Im Verlauf der Krise zeigte sich, dass auch in Europa nicht nur die Banken und Versicherungen ein Solvenzproblem hatten, sondern auch viele private Schuldner und Nichtfinanzunternehmen. So platzte zum Beispiel in Spanien, wie in den USA, eine gewaltige Immobilienblase. Zudem bekamen nun auch viele europäische Staaten ein Problem mit den angehäuften Schulden, welche durch Bankenrettungen und dem Einbruch der Konjunktur, drastisch anstiegen. Nachdem die EZB bereits für das Finanz- und Bankensystem die Rolle des Kreditgebers in letzter Instanz – lender of last resort – übernommen hatte, sah sich die EZB nun gezwungen dies in gewisser Weise auch für die Staaten der europäischen Währungsunion zu sein, um den Euro zu retten. Mario Draghi’s Worte “what ever it takes” wurden weltberühmt.

Abbildung 1: Zinsentwicklung [1] & [2]

Bei all diesen umfangreichen Rettungsplänen der Staaten und der Zentralbanken stellt sich die Frage: Wurde die Solvenzkrise gelöst, das Schuldenproblem verringert? Darauf gibt es eine klare Antwort: Nein. Denn um ein Solvenzproblem zu lösen gibt es grundsätzlich zwei Lösungen: Default oder den Schuldenberg verkleinern (indem die Schulden durch Sparen zurückbezahlt werden oder durch Wachstum der Einkommen die relative Schuldenlast abnimmt). Mit der Rettung von Schuldner durch den Staat bzw. die Zentralbank wurde jedoch weder das eine noch das andere getan. Die Schulden wurden verschoben, deren Rückzahlungsfrist verlängert oder bzw. und die Schuldzinsen reduziert. Die Schuldenlast wurde dadurch nicht bzw. nur temporär verringert. Die Zentralbanken haben mit Unmengen von neuem Geld lediglich Zeit gekauft, nicht mehr und nicht weniger. Doch was hat uns diese Zeit bis jetzt gebracht? Eigentlich nichts. Grosses Wachstum, welches die Schuldenlast erträglicher machen würde, blieb aus. Die Menge an Schulden ist heute – global gesehen – sogar grösser denn je, sowohl in absoluten Zahlen als auch im Vergleich zum BIP[3]. Die Probleme von 2007 und 2008 sind also in keiner Weise gelöst. Das Problem ist heute noch grösser. Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit bis das Schuldenproblem wieder in einer Krise mündet.

Überangebot an Kapital wegen einer Sparschwemme?

Nun zurück zu unserer Ausgangsfrage, weshalb die Zinsen so tief sind. Nachdem der Zins bereits seit Ende der 1980er Jahre stark gefallen ist, sind die Zinsen seit der Finanzkrise erneut stark zurückgegangen. Viele Staatsanleihen weisen heute einen negativen Zinssatz auf. Die Mainstreamökonomie geht nun davon aus, dass aufgrund verschiedener externer Entwicklungen (Demographie, Globalisierung, Digitalisierung, etc.) zum einen die Nachfrage nach Kapital abgenommen habe und zum anderen das Kapitalangebot durch eine Schwemme an Ersparnissen zugenommen habe (vgl. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ezb-niedrigzins-gruende-1.4706299). Die niedrigen Zinsen und die Geldpolitik wären daher nur eine Reaktion auf diesen Angebotsüberhang. Auf den ersten Blick tönt dies plausibel und die Forderung, dass nun verschiedene Wirtschaftsakteure insbesondere der Staat mehr Kapital nachfragen müssten, indem sie sich stärker Verschulden wäre nur folgerichtig. Doch nur schon, wenn wir uns die oben erklärte Solvenzproblematik der Finanzkrise vor Auge führen, erkennen wir, dass sich die Argumentation in den Schwanz beisst. Aber schauen wir uns die Sache genauer an. Als erstes betrachten wir die Angebotsseite. Hier wird behauptet, dass die Wirtschaftssubjekte – in erster Linie die privaten Haushalte – u.a. wegen der Alterung der Gesellschaft mehr Sparen und es infolgedessen zu einer Ersparnisschwemme kommt, welche zu einer Ausweitung des Kapitalangebots führt.

Abbildung 2: Sparquote der privaten Haushalte und Altersquotient in Deutschland[4]

Sehen wir uns die globale Entwicklung der Sparquoten an, erkenne wir, dass zwar die Sparquote der Unternehmen seit den 1980ern zugenommen, jedoch hat jene der privaten Haushalte etwa im selben Ausmass abgenommen hat (siehe Abbildung 3). Bei der Sparquote der Staaten sieht man, dass diese in erster Linie von der konjunkturellen Entwicklung abhängig ist. Insgesamt lässt sich festhalten, dass nicht von einer generellen Zunahme der Sparquote oder gar einer regelrechten Ersparnisschwemme gesprochen werden kann. Ebenfalls lässt sich festhalten, dass die Alterung offenbar zu keiner Zunahme der Sparquote bei den privaten Haushalten geführt hat (vgl. Abbildung 2).

Abbildung 3: Sektorielles Sparen im Vergleich zum globalen BIP[5]

Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass das Angebot in den letzten Jahren durchaus zugenommen hat. Nur hat dies einen ganz anderen Grund, als dies die Mainstreamökonomen postulieren: Die Politik der Zentralbanken. Zentralbanken wie die EZB haben seit dem Ausbruch der Finanzkrise Billionen von neuem Geld in Umlauf gebracht und damit den Markt überschwemmt (siehe Abbildung 4). Oder anders ausgedrückt: Die Zentralbanken haben das Angebot an Kapital erhöht.

Abbildung 4: Entwicklung der monetären Basis[6]

Kommen wir zur Nachfrageseite. Hier geht die Mainstream-Ökonomie davon aus, dass die Nachfrage nach Kapital abgenommen hat, weil durch die Globalisierung und die Digitalisierung die Kapitalintensität sinkt. Schaut man sich die Entwicklung der Investitionen seit den 1980er an, lässt sich dies jedoch nicht wirklich erhärten (siehe Abbildung 5). Nur bei den privaten Haushalten lässt sich ein leichter Trend zu weniger Investitionen feststellen. Die Investitionsquote der Unternehmen und der Staaten scheint hingegen konstant zu bleiben.

Abbildung 5: Sektorielles Investment im Vergleich zum globalen BIP[7]

Es lässt sich bei der Nachfrageseite also festhalten, dass zwar über alles gesehen ein leichter Rückgang der Nachfrage feststellbar ist, die Grösse des Rückgangs aber eher vernachlässigbar ist.

Sinkende Zinsen als Folge der EZB-Politik

Schauen man sich die Geldpolitik der EZB seit dem Ausbruch der Finanzkrise und deren Wirkung auf den Kreditmarkt genauer an, lässt sich feststellen, dass die Ausweitung der Basisgeldmenge insbesondre im Zuge der Quantitativ Easing Programme ab 2015 keinen Einfluss auf die Entwicklung der Kredite an Private hatte (siehe Abbildung 6). Es lässt sich also auch in Europa das gleiche Phänomen feststellen wie global: Das Kapital- und Geldangebot hat durch die Politik der EZB zugenommen. Gleichzeitig hat sich jedoch die Nachfrage nach Krediten bzw. Kapital kaum verändert. Es besteht also ein gewisser von der EZB verursachter Angebotsüberhang, was wiederum dazu führt, dass der Preis für Kapital, der Zins, fällt. Nun kann man natürlich wie viele Mainstreamökonomen argumentieren, dass die Wirtschaftsakteure – insbesondere der Staat – mehr investieren, mehr Kredite nachfragen sollten und weniger sparen sollten, um diesen Angebotsüberhang verschwinden zu lassen, was wiederum zu steigenden Zinsen führen sollte. Wenn wir uns die ungelösten Probleme der Finanz- und Eurokrise vor Augen halten, erkennen wir, dass die Argumentation nicht verfängt. Private Haushalte, Unternehmen als auch Staaten hatten ein Solvenzproblem, welches nach wie vor ungelöst ist und nur dank den tiefen Zinsen nicht zum Tragen kommt. Nun zu fordern, dass sich diese Akteure noch mehr Verschulden sollen, ist wie einem Betrunkenen zu raten, er solle noch mehr Alkohol trinken. Oder anders gesagt, man verlangt von den Wirtschaftsakteuren insbesondere dem Staat ein irrationales Verhalten.

Abbildung 6: Wirksamkeit der expansiven Geldpolitik in Frage gestellt[8]

Fazit

Die Argumentation der Mainstreamökonomie, weshalb die Zinsen so tief sind und was man dagegen tun kann, tönt einleuchtend. Wer jedoch die letzte grosse Krise analysiert und die empirischen Entwicklungen begutachtet, kommt schnell zum Schluss, dass eine angebliche Sparschwemme kaum die Ursache sein kann und dass mehr Schulden das Problem nicht lösen, sondern eher noch verschärfen würden. Wenn man es genau nimmt, muss man sogar sagen, dass die Argumentationslinie des Mainstreams absurd ist. Auf der einen Seite argumentiert er richtigerweise, dass eine Erhöhung der Zinsen durch die EZB wohl zu einer Rezession führen würde, weil die vergangene Krise wieder ausbrechen würde. Also viele Schuldner wieder in ein Solvenzproblem geraten würden. Auf der anderen Seite argumentiert er, man müsse nun mehr Schulden machen, sodass die Zinsen steigen, obwohl schon der heutige Schuldenstand keine höheren Zinsen zulässt. Absurder geht es kaum, insbesondere wenn man bedenkt, dass auch Schulden dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens unterworfen sind. Fast genauso absurd ist die Angst des Mainstreams und vieler Zentralbanken wie der EZB vor einer Deflation. Diese Angst begründet einen grossen Teil der EZB-Politik der letzten Jahre und zeigt das historische Unwissen vieler Ökonomen. Im 19. Jahrhundert war Deflation an der Tagesordnung und das Pro-Kopf-Wachstum war trotzdem viel höher als heute. “Deflation ist der Normalzustand, weil technischer Fortschritt, Erfindungen und Produktivitätsgewinne zu sinkenden Preisen führen. Die Angst der Ökonomen vor der Deflation stammt aus der Weltwirtschaftskrise, die aber historisch die Ausnahme war. Was schädlich ist, ist nicht die Deflation, sondern die zu hohe Verschuldung, die durch Deflation schwerer zu ertragen ist. Die richtige Antwort wäre also: Deflation ist kein Problem. Unser Problem sind die hohen Schulden und um die tragbar zu halten, müssen die Zinsen tief sein.”[9] Interessant ist zudem auch, dass die EZB-eigene Research-Abteilung klar zu Schluss kommt, dass alleine die QE-Programme der EZB die Zinsen der europäischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren, um einen Prozentpunkt nach unten drücken und die Zinssätze bis 2033 beeinflussen (siehe Abbildung 7).

Abbildung 7: Geschätzter Effekt des APP auf die Renditen von Staatsanleihen aus dem Euroraum[10]

Lösungsansatz: Schuldenschnitte und Änderung der Geldpolitik

Um es so klar und deutlich zu sagen: Mit der heutigen EZB-Geldpolitik und der Argumentationslinie des Mainstreams hat man sich in einen Teufelskreis begeben, denn man ohne Änderung der heutigen Geld- und Fiskalpolitik nicht mehr verlassen kann, bis der Euro eines Tages zusammenbricht. Um den Teufelskreis zu verlassen, müsste die EZB ihre expansive Geldpolitik beenden und beginnen ihre Bilanz zu reduzieren. Dadurch würde der Illusion das Kapital heute nicht mehr knapp ist ein Ende gesetzt. Gleichzeitig müsste man auf der anderen Seite nun endlich umfangreiche Schuldenschnitte bei vielen europäischen Staaten vornehmen. Auch beim Finanz- und Bankensystem müssten solche Schuldenschnitte vorgenommen werden. Diese Schuldenschnitte würden dazu führen, dass die Wirtschaftsakteure wieder mehr investieren und auch wieder vermehrt neue Kredit nachfragen könnten. Diese Massnahmen würden wohl zu einer gewissen Bereinigungskrise führen, was jedoch mittel- bis langfristig bei weitem besser wäre als der heutige Teufelskreis.


[1] http://www.leitzinsen.info/

[2] https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/cc/Langfristige_Zinss%C3%A4tze_in_der_Eurozone_seit_1993.png

[3] https://blogs.imf.org/2019/01/02/new-data-on-global-debt/

[4] https://twitter.com/PeterBofinger/status/1202199251062853632

[5] https://voxeu.org/article/global-corporate-saving-glut

[6] https://cryptowords.github.io/crypto-voices-2019-q1-global-monetary-base

[7] https://voxeu.org/article/global-corporate-saving-glut

[8] https://twitter.com/retolipp/status/1199635862616780800

[9] https://www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/ezb-daniel-stelter-widerlegt-marcel-fratzscher-a-1298734-5.html

[10] https://www.bundesbank.de/resource/blob/783062/0d59d95a78aa6558717ed6d952ea8d20/mL/2019-02-ezb-wb-data.pdf

Titelbild: Christoph Scholz, https://www.flickr.com/photos/140988606@N08/28996458836


Das Ende des bilateralen Weges

Das Nein zum EWR 1992 ist ein historischer Entscheid, der bis heute nachwirkt. Diese Abstimmung führte zu einer aussenpolitischen Kehrtwende. Von der Idee eines EU-Beitritts hat man sich zusehends verabschiedet. Um die wirtschaftlichen Nachteile einer Nichtmitgliedschaft im europäischen Binnenmarkt und der EU zu verhindern, wurde im Verlauf der 90er Jahre der bilaterale Weg entwickelt. Dies gelang auch deshalb, weil die Schweizer Diplomaten in Brüssel weiterhin behaupteten, dass der EU-Beitritt das Ziel bleibe.

Der bilaterale Weg gilt seither als ein Erfolgsgarant der Schweiz. Er ist zu einer heiligen Kuh geworden. Wer dazu nur schon kritische Fragen stellt, wird in die Ecke der Abschotter bzw. der SVP gestellt. Dabei ist die Bilanz der Bilateralen weit weniger glorreich, als man gemeinhin annehmen könnte. Die Schweiz erlebte zwar zu Beginn der Bilateralen in den Nuller-Jahren einen Boom mit relativ hohen Pro-Kopfwachstumszahlen. Ob dies in einem direkten Zusammenhang zu den Bilateralen steht ist jedoch fraglich. Die Schweiz profitierte in dieser Zeit in erster Linie von einem globalen Boom. Mit der Finanzkrise von 2008 ist dieser Wachstumsboom verschwunden und seither nicht zurückgekehrt. Das Pro-Kopf-Einkommen stagniert. Der Handel mit Europa hat an Dynamik verloren. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Bilateralen kaum zu höherem Wachstum geführt haben. Sie haben jedoch mit Sicherheit zur politischen und ökonomischen Stabilität beigetragen. Für die Politik beleibt verständlicherweise der bilaterale Weg trotz der durchzogenen Zahlen weiterhin der Königsweg.

Als die EU die Hoffnung auf einen EU-Beitritt der Schweiz begraben hatte, macht sie jedoch bereits 2012 klar, dass der bilaterale Weg zu Ende sei und eine Institutionalisierung der EU-Rechtsübernahme in Form eines Rahmenabkommens notwendig ist. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass man nun dieses vorliegende Rahmenabkommen in der Schweiz als Fortführung des bilateralen Weges bezeichnet, obwohl es aus Sicht der EU genau dies nicht ist. Der Inhalt des vorliegenden Abkommens scheint die Sicht der EU zu stützen. Das Rahmenabkommen hat primär keinen bilateralen, sondern einen unilateralen Inhalt.


Die Erpressung der Liberalen

Zwei Themen dominieren 2019 die politische Agenda in der Schweiz: Die Klimastreiks und das Rahmenabkommen. Seit Monaten wird in Bundesbern heftig über das vorliegende Rahmenabkommen mit der EU debattiert und gestritten. Dabei haben sich die liberalen Kräfte, um die FDP und die Grünliberalen in eine heikle Position manövriert. Teils durch eignes zutun, teils durch unglückliche Umstände. Zum einen war das Vorgehen von Bundesrat Cassis im letzten Sommer bzgl. Lohnschutz kommunikativ und strategisch ungeschickt. Zum anderen sind die liberalen Kräfte durch die Totalopposition der SVP eh schon in einer schwierigen Situation. 

Nach Jahren des Dornröschenschlafes haben die Linken und Gewerkschaften die verflixte Position der liberalen Kräfte wiederentdeckt und versuchen sie für sich zu nutzen. Sie wissen haargenau ohne die Linken ist das Rahmenabkommen tot. Der tollpatschige Versuch von Cassis im Sommer 2018 eine Lösung beim Lohnschutz zu finden, gab den Linken den Anlass ihre Ausgangslage in politisches Kapital zu verwandeln. Seither gehen sie in Sachen Lohnschutz auf die Barrikaden. Dass die Linken in diesem Punkt irgendwann nachgeben werden, ist zwar jetzt schon mehr oder weniger klar. Die Frage ist nur zu welchem Preis. Was können die Linken im Gegenzug von den Mitteparteien für Zugeständnisse erpressen? Das Ziel ist klar: Die Amputation des liberalen Arbeitsmarktes durch Mindestlöhne oder die Ausweitung von Gesamtarbeitsverträgen. 

Ob sich die Mitteparteien auf diese Erpressung einlassen sollen, sollte gut überlegt sein. Das vorliegende Rahmenabkommen aus liberaler Sicht durchaus kritisch zu sehen ist. Das Schiedsgericht verkommt durch die Rolle des EuGHs zum Feigenblatt, es droht die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie und auch über dem Freihandelsabkommen hängt das Damoklesschwert des Rahmenabkommens. Lässt man sich auf die Erpressung ein, so ist man auch in Zukunft nicht vor solchen Erpressungen durch die Linken geschützt. Um solche Erpressungen in der Europapolitik dauerhaft zu entgehen gibt es eigentlich nur einen Weg. Einen Schritt auf die SVP zu machen und sich langfristig vom bilateralen Weg, welcher laut der EU sowieso zu Ende ist, zu lösen. Wie ein solcher Weg aussehen könnte, macht gerade Kanada vor, welches mit der EU einen Freihandelsabkommen abgeschlossen hat. 


7 Jahre warten sind genug!

Am 23. September 2012 sprachen sich 62,6 Prozent der Zürcher Stimmberechtigten für den A4-Zubringer Obfelden/Ottenbach aus. Einsprachen und bürokratische Hürden haben einen Bau bis heute verhindert. Die Grünen wehren sich weiterhin gegen das Projekt. Sie akzeptieren den demokratischen Entscheid von 2012 nicht und lehnen den durch die Verzögerung und die Einsprachen verursachten Zusatzkredit für das Projekt ab. Dabei hat der Autobahnzubringer für die beiden Gemeinden Ottenbach und Obfelden als auch dessen Gewerbe eine grosse Bedeutung. Nun gilt es endlich vorwärts zu machen und den Bau dieses essentielle Infrastrukturprojekt an die Hand zu nehmen. Dazu muss der Kantonsrat dem Zusatzkredit noch dieses Jahr zustimmen, damit die Bauarbeiten 2020 beginnen können.


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