Das Nein zum EWR 1992 ist ein historischer Entscheid, der bis heute nachwirkt. Diese Abstimmung führte zu einer aussenpolitischen Kehrtwende. Von der Idee eines EU-Beitritts hat man sich zusehends verabschiedet. Um die wirtschaftlichen Nachteile einer Nichtmitgliedschaft im europäischen Binnenmarkt und der EU zu verhindern, wurde im Verlauf der 90er Jahre der bilaterale Weg entwickelt. Dies gelang auch deshalb, weil die Schweizer Diplomaten in Brüssel weiterhin behaupteten, dass der EU-Beitritt das Ziel bleibe.

Der bilaterale Weg gilt seither als ein Erfolgsgarant der Schweiz. Er ist zu einer heiligen Kuh geworden. Wer dazu nur schon kritische Fragen stellt, wird in die Ecke der Abschotter bzw. der SVP gestellt. Dabei ist die Bilanz der Bilateralen weit weniger glorreich, als man gemeinhin annehmen könnte. Die Schweiz erlebte zwar zu Beginn der Bilateralen in den Nuller-Jahren einen Boom mit relativ hohen Pro-Kopfwachstumszahlen. Ob dies in einem direkten Zusammenhang zu den Bilateralen steht ist jedoch fraglich. Die Schweiz profitierte in dieser Zeit in erster Linie von einem globalen Boom. Mit der Finanzkrise von 2008 ist dieser Wachstumsboom verschwunden und seither nicht zurückgekehrt. Das Pro-Kopf-Einkommen stagniert. Der Handel mit Europa hat an Dynamik verloren. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Bilateralen kaum zu höherem Wachstum geführt haben. Sie haben jedoch mit Sicherheit zur politischen und ökonomischen Stabilität beigetragen. Für die Politik beleibt verständlicherweise der bilaterale Weg trotz der durchzogenen Zahlen weiterhin der Königsweg.

Als die EU die Hoffnung auf einen EU-Beitritt der Schweiz begraben hatte, macht sie jedoch bereits 2012 klar, dass der bilaterale Weg zu Ende sei und eine Institutionalisierung der EU-Rechtsübernahme in Form eines Rahmenabkommens notwendig ist. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass man nun dieses vorliegende Rahmenabkommen in der Schweiz als Fortführung des bilateralen Weges bezeichnet, obwohl es aus Sicht der EU genau dies nicht ist. Der Inhalt des vorliegenden Abkommens scheint die Sicht der EU zu stützen. Das Rahmenabkommen hat primär keinen bilateralen, sondern einen unilateralen Inhalt.