Die wirtschaftliche Stagnation Europas seit der Finanzkrise 2008/09 ist ein vielschichtiges Problem. Strukturelle Schwächen, politische Fehlentscheidungen und externe Herausforderungen haben die Wirtschaft des Kontinents nachhaltig beeinträchtigt.

Teil 1: Banken- und Finanzsystem: Eine unvollständige Erholung

💶 🏦 Eurokrise: Mangelnde Solvenz, strukturelle Defizite und kein optimaler Währungsraum

Die Eurokrise war kein Ergebnis der Sparpolitik, sondern vielmehr Ausdruck fundamentaler struktureller Schwächen in der Eurozone. Ein zentraler Faktor war die mangelnde Solvenz vieler Mitgliedstaaten, deren hohe Staatsverschuldung in Kombination mit unzureichenden Reformen die wirtschaftliche Stabilität gefährdete. In meinem Beitrag „Die Eurozone: Gefangen in den Fesseln des Kredits“ argumentiere ich, dass die Abhängigkeit von kurzfristigen Rettungspaketen grundlegende Probleme wie mangelnde Wettbewerbsfähigkeit und strukturelle Reformdefizite verschleiert und das Solvenzproblem vieler europäischer Staaten nicht gelöst sondern sogar verschärft hat (Schwald, 2018).

💶 🌍 Der Euro ein optimaler Währungsraum?

Der „Cross of Euros“ von Kevin O’Rourke und Alan M. Taylor verdeutlicht ein weiteres fundamentales Problem: Der Euroraum ist kein optimaler Währungsraum. O’Rourke und Taylor argumentieren, dass die Eurozone mit ihrer heterogenen Wirtschaftsstruktur nicht in der Lage ist, die Herausforderungen einer gemeinsamen Währung effektiv zu bewältigen. Während Länder wie Deutschland von einer stabilen und für den Export günstigen Währung profitierten, konnten südeuropäische Staaten ihre Wettbewerbsprobleme durch die fehlende Möglichkeit zur Abwertung nicht lösen. Die daraus resultierenden Ungleichgewichte wurden durch den Druck auf die Haushalte und die Notwendigkeit interner Abwertungen (z. B. Lohnsenkungen) verstärkt, was die soziale und politische Stabilität in den betroffenen Ländern beeinträchtigte.(O’Rourke & Taylor, 2013). Die fehlende fiskalische Integration und unzureichende Mechanismen zur Verhinderung makroökonomischer Ungleichgewichte trugen massgeblich zur Verschärfung der Eurokrise bei. In diesem Zusammenhang betont der Wirtschaftsdienst, dass die Krise in der Eurozone durch massive Divergenzen in der Binnendynamik, der Wettbewerbsfähigkeit und der Leistungsbilanz zwischen den Mitgliedstaaten verursacht wurde. Insbesondere die Auseinanderentwicklung der nominalen Lohnstückkosten wurde als entscheidende Grösse identifiziert. (Wirtschaftsdienste, 2016)

👨🏻‍⚖️ Europäische Insolvenzordnung

Lars Feld, ein führender liberaler Ökonom, hebt hervor, dass die Eurozone dringend eine Insolvenzordnung für Staaten benötigt, um fiskalische Disziplin zu fördern und moralisches Risiko zu reduzieren. „Ohne eine solche Ordnung wird die Solvenzkrise in den schwächeren Staaten immer wieder aufflammen“, argumentiert Feld in einer Analyse der Ordnungspolitik (Feld, 2015). Zudem mangelte es an notwendigen Reformen innerhalb der betroffenen Staaten. Strukturelle Probleme wie fehlende Wettbewerbsfähigkeit und institutionelle Hemmnisse behinderten die wirtschaftliche Konsolidierung. In einer Analyse wird die Eurokrise daher als Strukturkrise des Staates bezeichnet, die sowohl nationale als auch supranationale Ebenen betrifft (Illing, 2013).

📉 Falsche Krisenpolitik

Statt strukturelle Reformen durchzuführen, setzten viele Staaten auf eine Kombination aus neuen Krediten und kurzsichtigen politischen Massnahmen. Diese Strategie verschärfte die bereits bestehenden Probleme. So kritisiert der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn, dass „die Rettungspolitik die fundamentalen Probleme der Überschuldung und mangelnden Wettbewerbsfähigkeit in den Krisenstaaten nicht gelöst hat“ (Sinn, 2012).

Ein Bericht der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2020 bestätigt, dass die Reformfortschritte in den Krisenstaaten uneinheitlich und oft unzureichend waren. So heisst es: „Die strukturellen Defizite in Arbeitsmarkt-, Steuer- und Rentensystemen wurden oft nur halbherzig angegangen“. Die so weiter bestehenden strukturellen Probleme in den Bereichen Arbeitsmärkte, Sozial- und Steuersysteme behinderten die wirtschaftliche Erholung. (EU-Kommission, 2020).

📜 Fazit: Strukturelle Probleme des Euroraums bremsen das Wirtschaftswachstum

Zusammenfassend zeigt sich, dass die Eurokrise durch mangelnde Solvenz, strukturelle Defizite, ein unzureichendes Währungssystem und die inhärenten Probleme eines nicht optimalen Währungsraums verschärft wurde. Die Studie von O’Rourke und Taylor verdeutlicht, wie die ungleichen Voraussetzungen der Mitgliedsstaaten den Euroraum in seiner jetzigen Form instabil machen und in jeder neuen Krise zum Problem werden lassen.

👉 Was denkst Du? Welche Reformen wären notwendig, um Europas Währungsraum zukunftsfähig zu machen? Teile Deine Meinung in den Kommentaren! 💬

*************************

📜 Quellen